Patientenverfügung erstellen – So sorgen Sie für Klarheit in schwierigen Momenten
Was ist eine Patientenverfügung – und warum ist sie so wichtig?
Die Patientenverfügung ist ein schriftliches Dokument, mit dem eine einwilligungsfähige Person im Voraus festlegt, welche medizinischen Maßnahmen sie im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung oder eines Unfalls erhalten möchte – und welche nicht. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, ihren Willen selbst zu äußern. Das kann beispielsweise bei Bewusstlosigkeit, im Endstadium einer unheilbaren Krankheit, bei fortgeschrittener Demenz oder im Zustand eines dauerhaften Komas der Fall sein.
Eine wirksam erstellte Patientenverfügung hat eine rechtlich bindende Wirkung. Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte sowie bevollmächtigte Angehörige oder Betreuer sind an den darin erklärten Willen gebunden, sofern er eindeutig auf die konkrete medizinische Situation zutrifft. Die Patientenverfügung soll sicherstellen, dass auch in schweren gesundheitlichen Krisensituationen nach dem Willen der betroffenen Person behandelt wird, unabhängig davon, ob diese sich zu diesem Zeitpunkt äußern kann oder nicht.
Warum ist eine Patientenverfügung so wichtig?
In Deutschland gilt das Prinzip der Selbstbestimmung als zentrales Element der Patientenrechte. Jeder Mensch hat das Recht, über medizinische Maßnahmen – etwa eine Operation, künstliche Beatmung, künstliche Ernährung oder die Gabe von Schmerzmitteln – selbst zu entscheiden. Doch was geschieht, wenn eine Person ihren Willen aufgrund ihres gesundheitlichen Zustands nicht mehr äußern kann? Ohne eine klar formulierte Verfügung müssen dann Angehörige oder gesetzliche Betreuer gemeinsam mit dem medizinischen Personal Entscheidungen treffen – oft unter großem Zeitdruck, emotionaler Belastung und ohne Gewissheit, was der betroffene Mensch sich wirklich gewünscht hätte.
Eine Patientenverfügung erfüllt daher gleich mehrere Funktionen:
Sie sichert das Recht auf Selbstbestimmung in medizinischen Ausnahmesituationen,
sie entlastet Angehörige von der Last schwerer Entscheidungen,
sie schafft klare rechtliche Orientierung für Ärztinnen und Ärzte,
sie schützt davor, gegen den eigenen Willen behandelt zu werden oder unnötig zu leiden,
sie kann helfen, medizinisch sinnlose oder belastende Maßnahmen zu vermeiden, die nicht mehr auf Heilung oder Linderung ausgerichtet sind.
Ein Beispiel aus dem Pflegealltag:
Herr W., 79 Jahre, lebt mit fortschreitender Demenz in häuslicher Pflege. Nach einem schweren Sturz wird er bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert. Die behandelnden Ärzte stehen vor der Entscheidung, ob lebenserhaltende Maßnahmen eingeleitet werden sollen. Die Tochter ist unsicher, denn ihr Vater hatte früher mehrfach geäußert, dass er „nicht künstlich am Leben erhalten werden möchte“. Doch ohne schriftliche Verfügung bleibt der Wille rechtlich unklar. Die Ärzte leiten lebenserhaltende Maßnahmen ein. Mit einer Patientenverfügung hätte Herr W. seinen Willen eindeutig festhalten können – und seiner Tochter die schwierige Entscheidung erspart.
Kein Thema nur für ältere oder schwerkranke Menschen
Viele Menschen glauben, eine Patientenverfügung sei nur im hohen Alter oder bei fortgeschrittener Krankheit relevant. Doch gerade plötzliche Notfälle wie Unfälle oder Schlaganfälle können jeden treffen – unabhängig vom Alter. Wer frühzeitig Vorsorge trifft, stellt sicher, dass im Ernstfall nach seinen Wünschen gehandelt wird – und niemand in der Familie oder im Freundeskreis unter der Last einer Entscheidung zusammenbricht, die eigentlich gar nicht in seiner Verantwortung liegen sollte.
Eine bewusste Entscheidung für sich – und für andere
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit ist nicht leicht. Doch eine Patientenverfügung zu verfassen, bedeutet nicht, aufzugeben – sondern selbstbestimmt und verantwortungsvoll für eine mögliche Zukunft vorzusorgen. Es ist ein Ausdruck von Fürsorge – für sich selbst und für die Menschen, die einem nahestehen. Wer schriftlich festhält, was im Ernstfall geschehen soll, sorgt nicht nur für Klarheit, sondern auch für Frieden in Situationen, die sonst von Unsicherheit, Hilflosigkeit und schwerer Belastung geprägt wären.
Was kann in einer Patientenverfügung geregelt werden?
In einer Patientenverfügung wird schriftlich festgelegt, welche medizinischen Maßnahmen man in bestimmten gesundheitlichen Situationen wünscht oder ablehnt, wenn man selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist. Dabei geht es in der Regel um schwerwiegende Krankheitsverläufe, das Sterbeprozess-Management sowie irreversible Bewusstseinszustände.
Die Verfügung muss so konkret wie möglich formuliert sein, damit Ärztinnen und Ärzte sowie andere Beteiligte erkennen können, welche Behandlungen in welcher Situation gewollt oder abgelehnt werden. Allgemeine Aussagen wie „Ich möchte in Würde sterben“ oder „Ich möchte keine lebensverlängernden Maßnahmen“ reichen rechtlich nicht aus, da sie zu unbestimmt sind und unterschiedlich ausgelegt werden können.
Konkrete medizinische Maßnahmen, die geregelt werden können:
1. Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr
Hier wird festgelegt, ob man – etwa bei dauerhaftem Koma oder weit fortgeschrittener Krankheit – über eine Magensonde, Infusion oder PEG-Sonde ernährt und mit Flüssigkeit versorgt werden möchte.
Beispiel: „Ich wünsche keine künstliche Ernährung, wenn ich mich in einem irreversiblen Bewusstseinszustand befinde und keine Aussicht auf Wiedererlangung meiner Entscheidungsfähigkeit besteht.“
2. Künstliche Beatmung
Man kann regeln, ob man im Falle eines Atemstillstands künstlich beatmet werden möchte – und wenn ja, unter welchen Bedingungen.
Beispiel: „Ich wünsche keine künstliche Beatmung, wenn ich mich im Endstadium einer unheilbaren Erkrankung befinde und der Tod unmittelbar bevorsteht.“
3. Wiederbelebungsmaßnahmen (Reanimation)
Ein zentraler Punkt betrifft die Frage, ob eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durchgeführt werden soll.
Beispiel: „Ich lehne eine Wiederbelebung ab, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere Hirnschäden oder ein dauerhaftes Koma die Folge wären.“
4. Schmerzbehandlung und Palliativversorgung
Hier kann geregelt werden, ob eine umfassende schmerzlindernde Behandlung auch dann erfolgen soll, wenn dadurch möglicherweise das Leben verkürzt wird – was palliativmedizinisch zulässig ist.
Beispiel: „Ich wünsche die bestmögliche Schmerz- und Symptombehandlung, auch wenn dadurch mein Leben möglicherweise verkürzt wird.“
5. Einsatz von Antibiotika oder Dialyse
Man kann festlegen, ob im Rahmen eines weit fortgeschrittenen Krankheitsbildes lebensverlängernde Therapien wie Antibiotikagabe bei schweren Infekten oder Nierenersatztherapie durchgeführt werden sollen.
Beispiel: „Ich lehne eine Dialyse ab, wenn mein Allgemeinzustand irreversibel eingeschränkt ist und keine Aussicht auf Besserung besteht.“
6. Umgang mit Bewusstlosigkeit, Koma, Demenz
Auch Zustände wie fortgeschrittene Demenz oder dauerhaftes Koma können in der Patientenverfügung berücksichtigt werden. Besonders wichtig ist hier die genaue Beschreibung des Zustands, in dem bestimmte Maßnahmen gewünscht oder nicht mehr gewünscht sind.
Beispiel: „Wenn ich mich in einem fortgeschrittenen Stadium einer Demenz befinde, in dem ich dauerhaft orientierungslos bin, keinen Kontakt mehr zu meiner Umwelt aufnehmen kann und vollständig auf Pflege angewiesen bin, wünsche ich keine lebensverlängernden Maßnahmen.“
Persönliche Werte und Wünsche ergänzen
Neben den medizinischen Aspekten kann die Patientenverfügung auch persönliche Überzeugungen, religiöse Werte oder ethische Haltungen enthalten. Sie helfen Bevollmächtigten, Angehörigen und Ärztinnen und Ärzten, den Willen des Verfassenden besser nachzuvollziehen.
Beispielhafte Formulierungen:
„Ich lege Wert auf ein menschenwürdiges Sterben ohne künstliche Verlängerung des Leidens.“
„Ich wünsche, dass mein Wille respektiert wird, auch wenn meine Angehörigen anderer Meinung sind.“
„Ich lehne jegliche Maßnahmen ab, die mein Leben unter allen Umständen verlängern, wenn ich selbst kein Bewusstsein und keine Lebensqualität mehr habe.“
Wichtig: Nur konkrete Maßnahmen in konkreten Situationen sind rechtswirksam
Die Wirksamkeit einer Patientenverfügung hängt entscheidend davon ab, wie klar die getroffenen Aussagen formuliert sind. Vage Aussagen wie „Ich möchte keine unnötigen Maßnahmen“ sind juristisch nicht eindeutig und reichen in der Praxis oft nicht aus, um Entscheidungen zu treffen.
Deshalb empfiehlt es sich, verschiedene typische Szenarien (z. B. Koma, Endstadium einer unheilbaren Krankheit, schwere Hirnschädigung, fortgeschrittene Demenz) durchzudenken und jeweils die gewünschten oder abgelehnten Maßnahmen zu benennen.
In der Patientenverfügung kann man genau festlegen, welche medizinischen Behandlungen man in bestimmten schweren Krankheitssituationen wünscht oder ablehnt. Wer sich mit den möglichen Szenarien frühzeitig beschäftigt und diese konkret benennt, sorgt für Klarheit – für sich selbst, für das Behandlungsteam und für Angehörige.
Unterschied zur Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung
Viele Menschen setzen den Begriff „Patientenverfügung“ mit „Vorsorgevollmacht“ oder „Betreuungsverfügung“ gleich – dabei handelt es sich um drei völlig unterschiedliche Dokumente, die sich zwar sinnvoll ergänzen, aber unterschiedliche Funktionen erfüllen. Wer sich mit dem Thema rechtliche Vorsorge beschäftigt, sollte die Unterschiede genau kennen, um rechtlich abgesichert und selbstbestimmt für den Fall einer schweren Erkrankung oder Pflegebedürftigkeit vorzusorgen.
Patientenverfügung – der medizinische Wille
Die Patientenverfügung regelt, welche medizinischen Maßnahmen in bestimmten Situationen durchgeführt oder unterlassen werden sollen, wenn man selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist. Sie richtet sich in erster Linie an:
Ärztinnen und Ärzte
Pflegepersonal
Bevollmächtigte (falls vorhanden)
Betreuerinnen und Betreuer (wenn gerichtlich bestellt)
Sie dient also ausschließlich dazu, den Willen hinsichtlich medizinischer Behandlungen festzulegen – zum Beispiel im Hinblick auf künstliche Ernährung, Beatmung oder Schmerzbehandlung in aussichtslosen Situationen.
Wichtig: Die Patientenverfügung regelt nicht, wer deine Angelegenheiten übernimmt oder dich rechtlich vertritt – dafür braucht es andere Dokumente.
Vorsorgevollmacht – wer darf für mich entscheiden?
Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmst du eine oder mehrere Personen deines Vertrauens, die in deinem Namen rechtlich handeln dürfen, wenn du selbst nicht mehr in der Lage bist, Entscheidungen zu treffen oder Verträge abzuschließen.
Die bevollmächtigte Person kann – je nach Umfang der Vollmacht – beispielsweise:
über medizinische Behandlungen entscheiden (in deinem Sinne),
Verträge mit Pflegeheimen oder Pflegediensten abschließen,
Bankgeschäfte tätigen,
Anträge bei Behörden stellen,
deinen Aufenthalt regeln (z. B. Umzug ins Pflegeheim),
und die Inhalte deiner Patientenverfügung durchsetzen.
Die Vorsorgevollmacht ist die Brücke zwischen deinem Willen (z. B. in der Patientenverfügung) und der rechtlichen Durchsetzung in deinem Namen.
Ohne eine solche Vollmacht muss im Ernstfall ein gerichtlicher Betreuer bestellt werden – selbst dann, wenn ein naher Angehöriger bereit wäre, diese Aufgaben zu übernehmen.
Betreuungsverfügung – wer soll mein gesetzlicher Betreuer sein, wenn es notwendig wird?
Wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt und du nicht mehr entscheidungsfähig bist, bestellt das Betreuungsgericht eine Person, die deine Interessen vertritt. Das Gericht entscheidet, wer das ist – und zwar nicht automatisch dein Ehepartner oder dein Kind.
In einer Betreuungsverfügung kannst du selbst festlegen:
wer im Fall der Fälle dein gesetzlicher Betreuer werden soll,
wen du auf keinen Fall als Betreuer wünschst,
wie du betreut werden möchtest (z. B. zu Hause statt im Heim, wenn möglich),
welche Werte, Überzeugungen oder Lebensumstände bei Entscheidungen beachtet werden sollen.
Die Betreuungsverfügung wird dann wirksam, wenn das Gericht eine Betreuung für erforderlich hält, und sie dient als Orientierung für das Gericht bei der Auswahl und Kontrolle der betreuenden Person.
Beispiel aus dem Alltag:
Frau B., 72 Jahre, hat eine Patientenverfügung erstellt, aber keine Vorsorgevollmacht. Nach einem schweren Schlaganfall ist sie nicht mehr ansprechbar. Die Ärzte wissen, welche medizinischen Maßnahmen sie ablehnt – doch niemand darf in ihrem Namen handeln, z. B. eine Reha ablehnen oder den Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung organisieren. Das Gericht muss einen Betreuer einsetzen – in diesem Fall einen Fremden, da es keine Betreuungsverfügung gibt. Hätte Frau B. zusätzlich eine Vorsorgevollmacht ausgestellt, hätte ihre Tochter in ihrem Sinne handeln können – ohne gerichtliche Betreuung.Die Patientenverfügung regelt den medizinischen Willen – aber sie ersetzt keine rechtliche Vertretung. Nur mit einer Vorsorgevollmacht und ggf. einer Betreuungsverfügung stellst du sicher, dass deine persönlichen, finanziellen und medizinischen Interessen ganzheitlich abgesichert sind – und zwar so, wie du es willst.
Sehr gern – hier ist der ausführlich ausgearbeitete Abschnitt 4: So erstellen Sie eine wirksame Patientenverfügung. Dieser Abschnitt geht tief in alle relevanten rechtlichen, praktischen und persönlichen Aspekte hinein und bietet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, damit Leserinnen und Leser eine rechtssichere, verständliche und individuelle Patientenverfügung verfassen können.
So erstellen Sie eine wirksame Patientenverfügung
Eine Patientenverfügung entfaltet nur dann ihre volle Wirkung, wenn sie klar formuliert, rechtlich wirksam und inhaltlich konkret ist. Unscharfe Aussagen oder vage Formulierungen führen in der Praxis häufig dazu, dass der Wille der betroffenen Person nicht eindeutig nachvollzogen werden kann – und somit im Zweifelsfall nicht berücksichtigt wird. In diesem Abschnitt erfahren Sie, wie Sie eine Patientenverfügung korrekt und sinnvoll erstellen, worauf Sie achten sollten und welche Fehler Sie vermeiden müssen.
Rechtliche Grundlage
Die rechtliche Grundlage für die Patientenverfügung ist § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dort heißt es, dass eine volljährige, einwilligungsfähige Person für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festlegen kann, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.
Eine wirksame Patientenverfügung muss daher folgende Grundvoraussetzungen erfüllen:
Sie muss schriftlich vorliegen (eine mündliche Erklärung genügt nicht).
Die erklärende Person muss volljährig und einwilligungsfähig sein.
Die Verfügung muss sich auf konkrete medizinische Maßnahmen in konkret beschriebenen Situationen beziehen.
Sie muss eigenhändig unterschrieben werden, möglichst mit Ort und Datum.
Eine notarielle Beglaubigung ist nicht erforderlich, aber möglich.
Inhaltlich konkret – nicht allgemein
Ein häufiger Fehler ist die Verwendung von pauschalen oder allgemein gehaltenen Aussagen wie „Ich möchte in Würde sterben“ oder „Ich will nicht an Maschinen hängen“. Diese Formulierungen sind emotional verständlich, aber juristisch nicht ausreichend, um daraus eine verbindliche Handlungsanweisung für Ärzte oder Pflegekräfte abzuleiten.
Stattdessen sollte eine Patientenverfügung sowohl die Situation als auch die medizinische Maßnahme möglichst konkret benennen. Idealerweise wird beides miteinander verknüpft.
Beispiele für konkrete Formulierungen:
„Ich lehne künstliche Ernährung ab, wenn ich mich in einem dauerhaften, irreversiblen Bewusstseinszustand befinde und keine Aussicht auf Besserung besteht.“
„Ich wünsche keine Wiederbelebung, wenn ich unter einer fortgeschrittenen, unheilbaren Krankheit leide und der Tod unmittelbar bevorsteht.“
„Ich wünsche eine umfassende palliative Behandlung zur Linderung von Schmerzen und Atemnot – auch wenn dadurch eine Lebensverkürzung nicht ausgeschlossen werden kann.“
Medizinische Situationen definieren
Die Verfügung sollte genau beschreiben, in welchen Situationen die getroffenen Regelungen gelten sollen. Gängige Szenarien sind:
Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit
Dauerhafter Bewusstseinsverlust (z. B. Wachkoma)
Fortgeschrittene Demenz mit vollständigem Verlust der Orientierungsfähigkeit
Schweres Hirntrauma mit bleibender Schädigung
Multiple Organversagen ohne Aussicht auf Stabilisierung
Je präziser Sie beschreiben, welche Zustände gemeint sind, desto besser können Bevollmächtigte und Ärzte später nach Ihrem Willen handeln.
Medizinische Maßnahmen konkret benennen
Folgende Maßnahmen sollten je nach persönlicher Überzeugung explizit geregelt werden:
Wiederbelebung (ja/nein, unter welchen Umständen?)
Künstliche Beatmung (z. B. bei Atemstillstand oder nach Reanimation)
Künstliche Ernährung und Flüssigkeitsgabe (z. B. über PEG-Sonde oder Infusion)
Dialyse (z. B. bei Nierenversagen)
Einsatz von Antibiotika (z. B. bei schweren Infektionen im Endstadium)
Schmerzbehandlung und palliative Sedierung
Gabe von Beruhigungsmitteln oder Antidepressiva
Operationen oder invasive Maßnahmen in ausweglosen Situationen
Persönliche Werte und Haltungen einbeziehen
Neben medizinischen Details hilft es oft, die eigenen Wertvorstellungen und Lebensprinzipien zu beschreiben. Dies bietet Orientierung, wenn nicht alle Eventualitäten vorhersehbar sind.
Beispiele:
„Ich wünsche keine Maßnahmen, die mein Leben künstlich verlängern, wenn keine Aussicht auf Wiedererlangung der Kommunikationsfähigkeit besteht.“
„Für mich steht Lebensqualität über Lebensverlängerung.“
„Ich lehne Maßnahmen ab, die mich in völlige Abhängigkeit bringen, ohne dass eine Besserung zu erwarten ist.“
„Ich möchte nicht über Monate hinweg durch Maschinen am Leben erhalten werden, wenn mein Zustand als irreversibel eingeschätzt wird.“
Diese Abschnitte sind rechtlich nicht bindend, aber sie stützen die Auslegung Ihres Willens, falls in Grenzfällen Entscheidungen getroffen werden müssen.
Form und Aufbau
Eine gute Patientenverfügung sollte folgende Abschnitte enthalten:
Überschrift (z. B. „Patientenverfügung“)
Einleitung mit persönlichem Vorwort
Festlegung der medizinischen Situationen
Konkret benannte Maßnahmen (gewünscht/abgelehnt)
Aussagen zu Lebensqualität, Sterbebegleitung, Spiritualität (optional)
Hinweis auf ergänzende Dokumente (z. B. Vorsorgevollmacht, Organspendeausweis)
Name, Geburtsdatum, Anschrift, Datum, Unterschrift
Optional: Name und Kontaktdaten der Vertrauenspersonen
Regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung
Eine Patientenverfügung gilt auf unbestimmte Zeit, verliert jedoch an Überzeugungskraft, wenn sie veraltet oder widersprüchlich erscheint. Daher wird empfohlen, die Verfügung alle zwei bis drei Jahre zu überprüfen und mit aktuellem Datum neu zu unterschreiben – auch wenn keine Änderungen vorgenommen wurden.
Aufbewahrung und Verfügbarkeit
Eine Patientenverfügung ist nur dann wirksam, wenn sie im Ernstfall auch auffindbar und zugänglich ist. Deshalb sollten Sie:
eine Kopie bei Ihren Angehörigen oder Bevollmächtigten hinterlegen,
das Dokument an einem leicht auffindbaren Ort aufbewahren (z. B. Pflegeordner, Hausapotheke),
im Idealfall einen Hinweis im Geldbeutel oder bei der Krankenkassenkarte mitführen,
einen Eintrag im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer vornehmen lassen (empfohlen bei gleichzeitiger Vorsorgevollmacht).
Eine Patientenverfügung ist nur dann hilfreich, wenn sie klar formuliert, medizinisch konkret und rechtlich korrekt ist. Es ist sinnvoll, sich ausreichend Zeit zu nehmen, sich ggf. beraten zu lassen und die Verfügung regelmäßig zu aktualisieren. Wer vorausschauend handelt, gibt seinen Angehörigen eine große Sicherheit – und sich selbst das gute Gefühl, dass im Notfall nach dem eigenen Willen entschieden wird.
Was Angehörige wissen sollten
Eine Patientenverfügung ist nicht nur ein rechtliches Instrument für Ärztinnen, Ärzte oder Pflegeeinrichtungen. Sie ist auch ein wichtiges Dokument für Angehörige – vor allem dann, wenn plötzlich Entscheidungen getroffen werden müssen und der betroffene Mensch selbst nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen zu äußern. In solchen Momenten, etwa nach einem Schlaganfall, bei einem schweren Unfall oder im späten Stadium einer Demenzerkrankung, stehen Familien oft unter erheblichem emotionalen Druck. Die Frage, welche Behandlung sinnvoll, angemessen oder gewünscht ist, kann innerhalb kürzester Zeit existenzielle Bedeutung bekommen.
Wenn eine Patientenverfügung existiert, liegt die Verantwortung zwar weiterhin beim medizinischen Personal – doch in der Praxis werden Angehörige häufig in die Entscheidungsfindung einbezogen. Oft sind sie die Ersten, die auf eine Notlage reagieren, mit dem Rettungsdienst sprechen oder im Krankenhaus erklären sollen, was die betroffene Person sich gewünscht hätte. Umso wichtiger ist es, dass Angehörige frühzeitig über die Existenz der Patientenverfügung informiert werden. Sie sollten wissen, wo sie aufbewahrt wird, was inhaltlich geregelt ist und wie damit im Ernstfall umzugehen ist. Idealerweise wurde die Verfügung zuvor gemeinsam besprochen, sodass auch das persönliche Verständnis hinter den getroffenen Festlegungen nachvollziehbar ist.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist die Vorstellung, dass eine Patientenverfügung automatisch jede Unsicherheit verhindert. Das Dokument kann nur dann seine volle Wirkung entfalten, wenn es nicht isoliert im Schrank liegt, sondern mit Leben gefüllt wurde – durch Gespräche, Reflexion und Verständigung innerhalb der Familie. Viele Angehörige haben große Angst davor, im Ernstfall eine falsche Entscheidung zu treffen. Sie fühlen sich verantwortlich – und gleichzeitig überfordert. Eine gut durchdachte und offen besprochene Patientenverfügung kann genau hier entlasten: Sie nimmt Angehörigen die Last, mutmaßen zu müssen, sondern gibt ihnen eine klare, schriftlich formulierte Grundlage für ihr Handeln.
Wenn es zum Ernstfall kommt und eine betroffene Person durch Krankheit oder Unfall nicht mehr entscheidungsfähig ist, besteht die erste Aufgabe der Angehörigen darin, die Patientenverfügung zu finden und dem medizinischen Personal zugänglich zu machen. Dies kann bereits entscheidend sein – denn im Notfall bleibt oft wenig Zeit. Es ist daher sinnvoll, die Verfügung nicht nur sicher, sondern auch auffindbar zu hinterlegen, beispielsweise in einem Pflegeordner, bei einer Vertrauensperson oder digital mit Hinweis im Portemonnaie.
Im Gespräch mit Ärztinnen und Ärzten kann die Verfügung dann gemeinsam durchgegangen werden. Wichtig ist dabei, dass die Angehörigen nicht ihre eigene Meinung vertreten, sondern den Willen der betroffenen Person. Insbesondere, wenn eine Vorsorgevollmacht besteht, ist die bevollmächtigte Person rechtlich verpflichtet, sich ausschließlich am erklärten oder mutmaßlichen Willen zu orientieren – nicht an dem, was sie persönlich für richtig hält. Diese Rolle ist herausfordernd, aber notwendig, um den Selbstbestimmungsanspruch der betroffenen Person zu wahren.
Schwierig wird es dann, wenn keine Patientenverfügung existiert oder sich mehrere Angehörige uneinig sind. In solchen Fällen müssen Entscheidungen auf Basis des mutmaßlichen Willens getroffen werden. Das bedeutet: Es wird versucht zu rekonstruieren, was die betroffene Person gewollt hätte – anhand früherer Aussagen, persönlicher Überzeugungen, religiöser Werte oder individueller Erfahrungen. Diese Situation ist nicht nur juristisch kompliziert, sondern auch emotional belastend. Konflikte innerhalb der Familie sind in solchen Momenten keine Seltenheit. Umso wichtiger ist es, im Vorfeld für Klarheit zu sorgen und die eigene Haltung offen zu kommunizieren – am besten schriftlich.
Ein klärendes Gespräch über Wünsche am Lebensende oder bei schwerer Krankheit mag unangenehm erscheinen, doch es ist ein Geschenk für die, die später in Verantwortung stehen könnten. Wer seinen Willen rechtzeitig festlegt und mit vertrauten Menschen teilt, nimmt anderen die Last schwerer Entscheidungen – und sorgt gleichzeitig dafür, dass die letzte Lebensphase im eigenen Sinne gestaltet wird.